Donnerstag, 26. März 2009

BELUGA RACER - Ja ist denn schon Weihnachten?

Ja ist denn schon Weihnachten? Boris Herrmann und Felix Oehme reiten dem Teufel mal wieder einen Ohr ab. Nachdem sie die Falklands auf der richtigen Seite passiert hatten, haben sie den deutlich besseren Windwinkel und zogen an DESAFIO CABO DE HORNOS vorbei. 1200 Meilen vor dem Ziel Ilhabela war der Etappensieg jetzt wieder in greifbarer Nähe. Wie schon beim Ice Gate treten die Jungs genau dann aufs Gas, wenn es um was geht. Ein gutes Pferd springt halt nicht höher, als es muss. Boris und Felix fühlen sehr mit den Chilenen mit, die beim Würfeln einfach auf die falsche Karte gesetzt haben.

Das Wetter macht den letzten Meilen-Tausender aber nicht zum Selbstgänger, und gewertet wird wie immer im Ziel. Der letzte Podcast und Boris Bericht dazu:

Wind beschert uns erste Führung seit Wochen

März 25, 2009

Erste Führung seit Wochen(von Boris) War ich gestern noch etwas melancholisch, haben wir heute allen Grund zur Euphorie: Wind bedeutet alles im flauen Südatlantik: Die Welt nimmt wieder Proportionen an. Wir bewegen uns wieder auf einem endlichen Kontiunuum zwischen unserer Position und der 7 Tage oder 1200 SM entfernten Insel Ilhabela.

Ab 8 Knoten wahrem Wind können wir den Autopilot wieder nach Windwinkel steuern lassen. Bei gestriger Flaute sind die Winddaten zu gestört von den kleinen Wellen, so dass wir praktisch alle 10 Minuten von Hand die Kompasskursvorgabe für den Piloten justieren. Gab es gestern nur Warten, herrscht heute wieder Normalität. Mehr als das, denn es ging aus unserer Wetteranalyse vor 24 Stunden noch nicht hervor, dass wir hier Wind bekommen würden. Im Gegenteil, eher sahen wir vor 48 Stunden die Chilenen in einer deutlich günstigeren Lage. Im letzten Podcast sagte ich ganz sicher, die Chilenen würden nach der Frontpassage halsen und weiter nach NW segeln. Dort vermute ich, hätten sie jetzt mehr Wind. Wir verstehen nicht, warum sie ihren Kurs weiter nach NE fortgesetzt haben, damit haben wir nicht gerechnet. Doch berechenbar ist in dieser instabilen Wetterlage nichts und niemand. Nun beschert sie uns nicht nur phantastische Bedingungen sondern auch eine substanzielle Führung.

Seit 12 Stunden schiebt sich ein Feld mit W-lichen Winden von Süden an uns heran und bringt im Schlepptau Team Mowgli mit nach Norden. Die Briten haben in 24 Stunden 100 SM gut gemacht. Ich wette, dies ist der größte Meilengewinn des gesamten Rennens in so einem Zeitraum. Andere sind froh, wenn sie überhaupt 100 SM vom Fleck kommen.

In diesem Windfeld finden wir einen konstanten, gleichmäßigen, milden Luftstrom, in dem wir es hoch am Wind auf etwa 7,5 Knoten bringen. Die See ist dabei bemerkenswert sanft, etwas Dünung wiegt uns aus verschiedenen Richtungen aber das Wichtige, es gibt keine Windsee, keine wirklich bremsende oder störende Windwelle. So schweben wir fast dahin, mit dicht geschotetem Code0 (große Leichtwindgenua am Bugspriet) und weit dichtgeholtem Großsegel. Es ist phantastisch, diese große Segelfläche setzen zu können und so schon bei 6 Knoten Wind 7 Knoten Geschwindigkeit laufen zu können. Jetzt, da es auf 8 Knoten zugenommen hat, sind wir sehr weit angeluvt und laufen mit 7,5 Knoten. Das Boot schiebt etwa 20 Grad Lage, der Luvballasttank ist gefüllt. Mit der Lage verringert sich die benetzte Fläche des Schiffes unter Wasser. Beluga Racer legt sich auf seinen “Bouchin”, wie die Franzosen die charakteristische Ecke in der achteren Bordwand nennen. Diese Boote sind so gestaltet, dass sie Lage schieben sollen, um diese Ecke ins Wasser zu drücken und auf ihr, wie auf einer Schiene entlangzugleiten. Nicht eine Wolke ist zu sehen. Die See spiegelt das tiefe Blau des Himmels. Warum benötigen wir noch eine Woche? 1200 SM haben wir im Southern Ocean in unseren besten Zeiten in unter 4 Tagen abgespult. Ein alter Seemannsspruch sagt zum Amwindsegeln: “Doppelte Strecke, dreifache Zeit und vierfache Belastung.” Das gilt auch für unsere modernen Boote, ebenso wie für die Windjammer, aus deren Zeit das Sprichwort stammt. Da ein moderner Volvoracer allerdings raumschots bis zu 40 Knoten Speed schafft, rast er auch am Wind förmlich mit bis zu 14 Knoten dahin, wenn er seine tonnenschwere Kielbombe nach Luv schwenkt. Ein Kommentarschreiber wunderte sich, dass wir bei den Falklandinseln nur etwa halb so schnell wie der Volvo Racer “Telefonica Blue” waren, der uns dort in 40 SM Abstand überholte, mit 14 anstatt 7,4 Knoten am Wind. Ich muss sagen, dass deren Welt schon außerirdisch und faszinierend erscheint, ich aber mit uns und vor allem dem Verhältnis von Aufwand zu Nutzen ganz zufrieden bin. Schließlich ist es die Idee dieses Rennens, die Eintrittsbarrieren in den Hochseesport zu senken, nicht Rekorde aufzustellen.

Nie hätte ich erwartet, dass wir 1000 SM vor dem Ziel der dritten Etappe, der Königsetappe dieses Rennes, ein quasi offenes Spiel zwischen allen 4 Booten im Rennen haben. Nach momentaner Situation und aktuellen Wetterdaten sehe ich sogar Team Mowgli vor Desafio Cabo de Hornos. Michel könnte mit seiner schmaleren und leichteren Leichtwindrakete für eine Überraschung sorgen.

Die nächsten Tage geht es also noch mal und wieder um alles in diesem Rennen, was Punkte, Platzierung und sportliche Ergebnisse angeht. Dies ersetzt die für uns verlorene, früher aber mindestens genau so wichtigen Herausforderungen, besonders im Southern Ocean sicher zu bestehen, gibt uns Zeit, die Eindrücke aus dem Süden zu reflektieren. Wir werden noch darüber schreiben. Vielleicht nicht in der nächsten Woche, denn die wird zu spannend und wir sitzen eh auf heißen Kohlen in Erwartung endlich wieder Land unter die Füße zu bekommen.

Fotos: www.beluga-racer.com
Infos: www.beluga-racer.com und www.portimaoglobalocanrace.com