Mittwoch, 28. Januar 2009

Skandia Geelong Week 2009 - WOT NOW?

Die IRC-optimierte TP52 WOT NOW (Designbericht bei Lobster One vom 2. Januar) hat sich gegen LIVING DOLL und LIMIT durchgesetzt. Was vom 23. bis zum 26. Januar in Geelong (an der Bucht von Melbourne) abging, fasst der Videobericht zusammen: 

Dienstag, 27. Januar 2009

Volvo Ocean Race - Flotte zerlegt, E3 kurz vor dem Sinken

Die Reparaturpause von DELTA LLOYD und GREEN DRAGON an der Philippinischen Küste war nur der Anfang.  DELTA LLOYD zerpflückt sich das Großsegel und kämpfte sich unter Sturmfock und dreifach gerefftem Groß bei 30 kn Wind und steilen Wellen an vierter Position gen Ziel, als David Pella einen Riss in der Bugsektion bemerkte, dazu Delaminierungen. Noch während der Schaden untersucht wurde, riß das Groß erneut. Skipper Roberto Bermudez war nicht bereit, die Sicherheit der Crew zu gefährden und änderte den Kurs gen Hafen. DELTA LLOYD liegt mittlerweile in Keelung/Taiwan, hat das Rennen bislang aber nur unterbrochen.

Auf ERICSSON 3 war die Lage weitaus dramatischer. Der Wind nahm in der letzten Nacht von 10 auf 40 kn zu, eine steile See baute sich schnell auf, während Skipper Magnus Olsson bislang das Boot erfolgreich mit der Devise auf dem zweiten Platz gehalten hatte, das Boot nach Luv zu treiben, ohne es zu hart zu belasten. Trotzdem hing es beim Sprung über die Wellen teilweise komplett in der Luft.
Als der Wind rapide zunahm, versuchte die Crew, das Großsegel zu bergen, um das Boot unter Kontrolle zu halten. Das Groß zerfetzte, bevor es gesichert war. Obwohl E3 nun verlangsamt war und der wilde Ritt erträglicher wurde, war es schon zu spät. Die Bugsektion füllte sich durch einen 4 Meter langen Riß und ein Loch im Rumpf mit Wasser.
"Wir waren kurz vorm Sinken" berichtete Skipper Magnus Olsson. Die Crew versteifte die Bugsektion mit den Rohrahmen der Kojen und pumpte und schöpfte, was das Zeug hielt. E3 lag 60 sm nördlich von Taiwan. Die Crew lief vor dem Wind ab Richtung Keelung, zog ihre Überlebensanzüge an und legte die Notausrüstung parat. Eine Lotse eskortierte das nordische Boot sicher in den Hafen von Keelung. 6 Mann Landcrew sind auf dem Weg. Offiziell hat ERICSSON 3 das Rennen unterbrochen.

TELEFONICA BLACK hat dagegen das Rennen aufgegeben und wird in Manila von der Landcrew wieder zusammengeflickt.
GREEN DRAGON müht sich wegen der Strukturschäden am Bug mit angezogener Handbremse gen Ziel, PUMA hinkt mit dem provisorisch reparierten Baum gen Qingdao. ERICSSON 4 versucht, PUMA hinter sich zu halten und zu TELEFONICA BLUE (422 sm zum Ziel) aufzuschließen, ohne zu viel zu riskieren.

Das idyllische Bild von DELTA LLOYD in der Salonague Bay/Philippinen nahm Guo Chuan/Green Dragon Racing/Volvo Ocean Race von Bord der GREEN DRAGON aus aus, die in der selben  Bucht ankerte.
Der Dank für das Foto von der erschöpften ERICSSON 3-Crew vor dem Kollisionsschott geht an Gustav Morin/Erocsson 3/Volvo OceanRace.
Mikel Pasbant/Telefonica Black/Volvo Ocean Race fotografierte TELEFONICA BLACK in Subic Bay/Luzon/Philippinen.

BELUGA RACER - Keine Ruhe in der rennfreien Zeit


Der neuste Podcast von Boris und Felix in Wellington.

Foto: Boris Herrmann.

Samstag, 24. Januar 2009

Volvo Ocean Race - Segeln wir noch oder überleben wir schon?

Fangen wir oben auf der Liste an:

TELEFONICA BLUE führt auf dem Weg von Singapur nach Qingdao und hat noch knappe 1000 sm zum Ziel. ERICSSON 3 liegt 85 sm dahinter, ERICSSON 4 weitere 25 sm. Die drei haben sich durch 50+ kn Sturm an Luzon (Phillippinen) vorbei gekämpft und sind noch in einem Stück. E4 hat einige Zeit in Lee von Luzon abgewettert, bis der Wind wieder sinnvolles Aufkreuzen erlaubte.

GREEN DRAGON hat sich das Vorstag und den vorderen Ringspant gebrochen und liegt in einer Bucht auf der Ostseite von Luzon, in der Salomague Bay. Wer das Rennen unterbricht, muss mindesten 12 Stunden warten, bevor er es wieder aufnehmen darf. In die Verlegenheit, früher wieder aufbrechen zu wollen, werden die Drachenlenker wohl kaum kommen. Mit ihrem Notvorstag werden sie den Sturm abwarten müssen, bevor sie sich wieder auf den Weg machen können.

DELTA LLOYD liegt 100 Meter weiter in der selben Bucht, mit gerissenem Großsegel, einem gebrochenen Ruderrad und einem gebrochenem Mastrutscher. Den Weg dahin haben die Black-Betty- Jockeys mit Sturmfock und Trysegel bestritten. Sie wollen reparieren und das Rennen später fortsetzen. In der Bucht liegen auch Autofähren und Tanker, die auf dem Weg nach Taiwan Schutz gesucht haben.

PUMA lag an erster Stelle, als ihnen der Baum brach. Bei 50 kn Wind und 7-Meter-Wellen schlug ein Brecher übers Deck. PUMA liegt in der Nachbarbucht vor Anker, südlich von Vigan. Ken Read: "Wir haben nicht aufgegeben, wir segeln nur gerade nicht."

Die Crew von TELEFONICA BLACK bemerkte einen Riss im Rumpf und suchte Schutz unter der Küste, um den Schaden zu untersuchen.

Die drei Boote, die sich noch gen Ziel kämpfen, sind kurz vorm Überlebensmodus. Gustav Morin auf ERICSSON 3: "Es ist surreal. Als ob man auf dem Kopf eines Vorschlaghammers säße, mit dem der stärkste Mann der Welt gerade einen Zementblock zertrümmert."

Das Bild von TELEFONICA BLUE nahm Gabriele Olivo/Telefonica Blue/Volvo Ocean Race auf.
DELTA LLOYD unter Trysegel fotografierte Sander Pluijm/Team Delta Lloyd/Volvo Ocean Race.

Mittwoch, 21. Januar 2009

ICAP LEOPARD schnappt sich den Cape to Bahia-Rekord

3330 Seemeilen
10 Tage
5 Stunden
46 Minuten
35 Sekunden

OK, genug dramaturgische Elemente. Mike Slade hat mit seiner 20-Mann-Crew auf ICAP LEOPARD den Rekord von Kapstadt nach Salvador de Bahia um mehr als zwei Stunden verkürzt. Bisheriger Rekordhalter war ADRENALINA PURA.

Das Match mit der deutlich leichteren und 10 Fuß kürzeren RAMBLER blieb leider aus. ICAP LEOPARD hatte genug Druck, um sich zu Beginn des Rennens abzusetzen und blieb bis zum Schluss allein auf weiter Flur.

Jetzt fragt sich, wann ICAP LEOPARD den Rekord im Rekordhalten macht. Nach dem Fastnet Race, dem Round Ireland und dem Transatlantikrekord ist Cape to Bahia schon der vierte. Und bislang hat nur VIRGIN MONEY (ex SPEEDBOAT) erfolglos versucht, daran etwas zu ändern.

Das Foto ist etwas älter und von Rick Tomlinson.

Acura Key West 2009 - was für ein Lineup!

Dieses Jahr versammeln sich wieder Einheitsklassen (Swan 42, Farr 40 & 30, Melges 32 & 24 , J/80, und J/105) und Vergütungsklassen nach IRC und PHRF zur Acura Key West 2009, powered by Nautica (so der offizielle Name). Also für jeden was dabei. Das Lobster-Auge liegt wie immer auf den individuellen Designs, und da wird so einiges geboten:

Roger Sturgeons STP65 ROSEBUD tummelt sich zwischen drei TP52 (RAN, RIO und SYNERGY) und der J/V52 ANEMA & CORE. In der selben Klasse IRC 1 segelt auch YEOMAN XXXII (die erfolgreiche Rogers 46 diesmal mit Brian Benjamin am Rohr), die Marten 49 PACE (bei der Gelegenheit eine kurze Gedenksekunde an VINETA) und der graue Blitz SJAMBOK (R/P 45 von und mit Mike Brennan, zur Zeit allerdings ans Ende der Ergebnisliste geblitzt).

Ähnlich kraftvoll geht es in der Klasse IRC 2 zu:
Tim Kernan segelt persönlich die von ihm gezeichnete SC 37 SANTA CRUZ ONE, und hat in Stephen Stroubs SC 37 TIBURON einen direkten Sparringspartner. Drei King 40, eine Mills 40, eine Mills 43 und eine DK 46 werden Mark Mills wohl reichlich Anlass zu einer Pressemitteilung geben. Dazu sind noch drei Js und eine Elan 450 am Start.
Im Designerwettbewerb hat bei den kabbeligen Bedingungen Mills gegenüber den leichteren SC37 von Kernan derzeit deutlich die Nase vorn.

Tagesergebnisse und mehr auf der Eventseite.

Der Dank für das Foto von TIBURON und SANTA CRUZ ONE beim Training in leichteren Bedingungen geht an Santa Cruz Yachts.

Dienstag, 20. Januar 2009

VINETA - da hilft nur noch Windhoek Lager

Aus dem Blog der VINETA:

Final Update
18/01/2009: 18h30

The guys arrived in Walvis about an hour ago, and were last seen heading for the pub...

Volvo Ocean Race - die Letzten beißt der Drache?

So viel wurde beim Volvo Ocean Race noch nie gekreuzt. Die Boote sind jetzt über einen Tag unterwegs von Singapur nach Qingdao und augenblicklich trennen 28 sm die erstplatzierte PUMA vom derzeitigen Schlusslicht GREEN DRAGON.  Für die natürlich völlig unabhängige Presse ein besonderes Geschmackserlebnis: DELTA LLOYD ist mir 18 sm hinter IL MOSTRO nicht letzte. Da keimt Hoffnung auf.

Das fernöstliche Stimmungsbild vom irisch-niederländischen Team verdanken wir Rick Tomlinson/Volvo Ocean Race.

BELUGA RACER - Multimediabericht aus Wellington

Was soll da noch Text?



... und jetzt noch der Podcast.

Noch mehr auf www.beluga-racer.com.

Samstag, 17. Januar 2009

ICAP LEOPARD - ein Boot, ein Tracker, plus VINETA update

ICAP LEOPARD (Foto: Rolex/Carlo Borlenghi) stürmt im Heineken Cape to Bahia Race voran, mit RAMBLER an der Hacke.

Die Event-Website biete uns einen Tracker, der schon mal ganz gut sehen läßt, was so los ist.

ICAP LEOPARD hat allerdings seinen eigenen Tracker, das schmucke Stück von OC Events, auf dem die der 100-Fuß-Maxi allerdings ganz allein unterwegs ist. Vielleicht könnte Mike Slade ja mal George Snow mit seiner RAMBLER einladen, sich auch darauf zu zeigen, um alle das Titanen-Rennen mitverfolgen zu lassen.

Matthew Thomas, Bootsmann auf der mastlosen VINETA mit Kurs Walvis Bay (Namibia) berichtet:

from Yacht "Vineta"
South Atlantic 17/01/2009
by Matthew Thomas

It's been a pretty wet and bumpy night. With almost complete cloud cover and the wind gusting back and forth all night, helming has not been too bad, but very wet.. There have been numerous odd angle swells which suddenly show up in the dark and the first thing you know is there is an almighty crash on the side of the boat, immediately followed by the roar of incoming water.

Sometimes the here is simply no warning and the whole lot seems to happen at once and you end up soaked. We've had waves come from all directions, even from astern. The big question is who's going to get wet.

With 2 of us on watch, one of you helms and the other tries to find a comfortable position in the cockpit. We've got sails strewn all over the place so you can make a bit of a nest and hopefully end up somewhat protected from the incoming waves, if you're lucky. Thank heaven for the wet weather gear we all have and the fact that the water is not to cold.

We're still banging our way to Walvis. Everyone who is off watch is either napping, reading or listening to music. To my left is the main saloon and we have the table down and made into a big double birth. It's pretty much the place to be as it's in the centre of the boat so has the least violet movement and currently occupied by a sleeping Robin, Patrick napping and listening to music and Nick reading. Eric has just come of watch and will probably end up there too. Wolf is busy helming and the other two, Felix and Jan are each asleep in the aft cabin.

Of course, with the current motion of the boat, everything gets to be quite complex to do as you have to constantly hang on and brace yourself against the movement of the boat. Of course the great test is using the head (toilet). First of all, the seat is tiny and looks like it was better designed for a 20kg, 11 year old and specifically not designed to be constantly moving. So sitting on the seat, the first thing you have to do is brace yourself and your bum to try and stop the seat sliding all over the place.

Now bear in mind that the bowl is not very big or very deep which means that anything you deposit in there is still in quite close proximity to your bottom and the motion of the boat means that it definitely has a life of it's own as it slops around. Fortunately, there is a pump on the one side that allows you 2 options. Pump out the bowl while adding sea water or simply pump out the bowl. Now, that would be easy if everything was stationary. But not while sailing. You are sitting on the a bowl that is attached to a moving object that happily moves in all 3 dimensions, often at the same time and with no warning, so you have to brace yourself with both legs and arms and then have to somehow pump to make sure what you just deposited doesn't get the option to return. Quite comical when you think about it, a bit bloody nerve wracking when you're on the throne.

Then of course, there is the question of do you take your pants off as it gives you a better ability to brace yourself with your legs and feet. All the while, you're sitting in the area where we store our wet, wet weather gear, so every jolt of the boat has them sliding into you. A bit like being in the middle of a huge, wet sea anemone with the surf breaking on you.

Sleeping is sometimes not much better. Because of the movement, the forward cabin is basically useless, so we then have the 3 off watch sharing 3 double bunks. Fortunately there are lee cloths so you don't end up on top of each other, but either way, you're like sardines in a can and almost always guaranteed to bash into each other all night, hence the huge amount of sleep we seem to getting. You basically nap for a few seconds, hang on, nap for a few more before hanging on again. Not having a mast has definitely made the motion a lot more violent and uncomfortable,

Got treats today J. Robin pulled out a huge bag of Kudu biltong for us. We each have our own packet and they are being guarded jealously. Not that it'll be an issue, currently the GPS says we're 179 miles away, which should put us in on Sunday evening. Talking about GPS's, I gave our position yesterday as that of the cursor which was on a sand dune just outside Walvis. Oops.

Everyone is looking forward to getting off the boat, having a hot shower and having a beer or six together with Walvis Bay House Wine.

Mehr in Matthews Blog.

Freitag, 16. Januar 2009

Heineken Cape to Bahia Race - VINETA unter Notrigg auf dem Rückweg nach Afrika

Für die deutsche Marten 49 VINETA ist das Heineken Cape to Bahia vorbei.

Skipper Felix Scheder-Bieschin (jr.) mailt von Bord:

Wir sind leider wegen Mastbruch ausgeschieden und humpeln jetzt mit einem drei Meter hohen Stumpf, an welchem wir Sturmfock und Trysegel befestigt haben, in Richtung Walvis Bay. Wir haben noch 500 Meilen mit 3.56 Knoten vor uns, aber sonst geht es uns allen gut.


BELUGA RACER gewinnt zweite Etappe des Portimao Global Ocean Race

Als Boris Herrmann und Felix Oehme mit ihrer BELUGA RACER die erste Etappe von Portimao nach Kapstadt gewannen, war es ein großer Erfolg für das junge deutsche Team. Mit einem weiteren Start-Ziel Sieg bei der zweiten Etappe von Kapstadt nach Wellington haben sie eine Sensation geschafft.

In 32 Tagen 3 Stunden 31 Minuten und  37 Sekunden meisterten die beiden Class 40-Segler die mit knapp 6900 Seemeilen längste Etappe, mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 8.93 Knoten. Ihre chilenischen Konkurrenten auf  DESAFIO CABOS DE HORNOS kamen gute 3 1/2 Stunden später in Wellington an. Was für ein Finish.

Jim Bolland wird vor Ort für Lobster One einen Bericht einholen. Doch zunächst sagt Jim: "The lads are looking forward to a lot of sleep before they face the press!" Richtig so.


Das Foto von BELUGA RACER in der Cook Strait, 68 sm vor dem Ziel, ist von Sam Hall.

Donnerstag, 15. Januar 2009

Heineken Cape to Bahia Race - Kurzmeldung - Mastbruch auf VINETA

BELUGA RACER - Kurz vorm Ziel in Wellington

Die Pressemeldung des Portimao Global Ocean Race von heute 06:20 GMT geht locker runter:
Boris und Felix haben mit ihrer BELUGA RACER noch 47 Meilen zum Ziel in Wellington (Neuseeland) und Felipe Cubillos und Jose Munoz mit DESAFIO CABOS DE HORNOS weitere 46 Meilen hinter sich.

Mit ein paar Knoten mehr Wind in den Segeln als die Chilenen machen die beiden Deutschen gute Meilen durch die Cook Strait, die aktuellen Geschwindigkeiten sind 10,6 kts (BELUGA RACER) gegen 9,1 kts (DESAFIO CABOS DE HORNOS). Da könnte sich der Abstand zum Ziel sogar noch vergrößern... Aber gezeitet wird im Ziel, wir drücken die Daumen!

Mehr wie immer auf www.beluga-racer.com.
Das Foto von Felix am Navitisch (noch während der ersten Etappe) ist von ... na?

Mittwoch, 14. Januar 2009

BELUGA RACER - Geklebt und genäht auf die Zielgerade

Boris und Felix sind knapp vor dem Ziel der zweiten Etappe des Portimao Global Ocean Race in Wellington. Die beiden berichten im Interview mit Timo Cyriaks vom Beluga Racer PR-Team, dazu der neue Podcast.

Felix schrieb am Vortag:

Logbuch 12. Januar

Januar 12, 2009

(von Felix) Mit jedem Tag wird es nun ein paar Grad wärmer, inzwischen fast 20 °C. Der Wind weht beständig unter 20 Knoten und wartet nicht mehr mit 40-Knoten-Überraschungen auf. Wellen und Windrichtung gehen konform. Blauer Himmel. Wir nähern uns mit bestem Segelwetter der neuseeländischen Südinsel an. Heute sind wir genau vier Wochen unterwegs. Seid dem haben wir etwa 120 Längengrade überquert und damit fast die Hälfte der Welt umrundet. Für die nächsten Tage erwarten wir mäßige Winde und es scheint mir, dass es darum gehen wird, nicht in einer Schwachwindzone stecken zu bleiben. Denn was das bedeutet, haben wir in den letzten zwei Tagen erlebt. Segelt ein Team nur einen Tag eine Durchschnittsgeschwindigkeit, die 2 Knoten unterhalb der Konkurrenz liegt, so büßt er 48 Seemeilen ein. Für die Ostseesegler unter uns: Das ist weiter als Travemünde - Fehmarn und für die Nordseesegler unter uns: Das ist weiter als Cuxhaven - Helgoland. By the way: Die verbleibende Restdistanz von etwa 900 Seemeilen entsprechen etwa 30 mal der Strecke Travemünde - Fehmarn. Dabei fühlen wir uns schon fast am Ziel. Die Relationen für Distanzen haben sich für mich während dieser Regatta sehr verändert. Ansonsten sind die letzten Tage erstaunlich angenehm ereignislos. Toi Toi Toi. Das Boot zeigt keine Ermüdungs- oder Ausfallerscheinungen und wir segeln Meile für Meile der Ziellinie vor Wellington entgegen. Bis dahin heißt es: Augen auf vor chilenischen Annäherungsversuchen und Schwachwindgebieten.

Mehr wie immer auf www.beluga-racer.com.

Samstag, 10. Januar 2009

Volvo Ocean Race - Singapore Inport Races

ERICSSON 4 war mir einem zweiten und einem ersten Platz klar das beste Boot in den beiden Wettfahrten des Singapore Inport, das auf dem bekannten Volvo-Sanduhr-Kurs (mit einem Gate in der Mitte) gesegelt wurde. Im ersten Lauf war PUMA mit großem Abstand auf Rang 1, musste im zweiten aber einen 4. Platz einstecken. Bei unbeständigen Windverhältnissen war der Lotterie-Faktor hoch, was TELEFONICA BLACK nach einem 6. Platz im ersten Rennen eine Privatböe im zweiten bescherte und am Ende kam Fernando Echavarri nur knapp hinter ERICSSON 4 als zweite ins Ziel.

Den ERICSSON 4-Jungs wurde vor dem Start prophezeit, dass sie nach dem Vermessungsprotest wegen des ausgetauschten Bugelements wohl nicht auf der Höhe sein würden, aber offensichtlich hat die Erleichterung über den Sieg vor der internationalen Jury gegen das Vermessungskommittee das Team eher beflügelt.

DELTA LLOYD... Ja, DELTA LLOYD schwamm wieder, mit geflickter Kielhydraulik, und der neue Taktiker Guillermo Altadill war keine zwei Stunden vor dem ablegen an Bord gestiegen. Nach den langwierigen Reparaturen hatte sich die Crew durch ein paar Praxisschläge am Freitag noch in letzter Minute (das scheint Programm zu werden) das Ticket für das Inport gelöst. 
"Wir werden heute nicht zu hart segeln, es wäre dumm, das Boot jetzt kurz vor dem Start zur nächsten Etappe noch einmal zu beschädigen", so der Taktiker.
Erster Lauf: als Vorletzte von TELEFONICA BLACK abgefangen - 7. Platz.
Zweiter Lauf: wegen Problemen mit den Segeln abgebrochen - 7. Platz (DNF)
Jungs, wir wissen, dass das alles nur Verwirrungstaktik ist und ihr jetzt mächtig loslegen werdet...

Gesamtergebnis der UBS Challenge im Singapore In-Port Race:

1. - Ericsson 4
2. - PUMA
3. - Telefonica Blue
4. - Telefonica Black
5. - Green Dragon
6. - Ericsson 3
7. - Delta Lloyd


Erste Wettfahrt

1. - PUMA
2. - Ericsson 4
3. - Telefonica Blue
4. - Green Dragon
5. - Ericsson 3
6. - Telefonica Black
7. - Delta Lloyd


Zweite Wettfahrt

1. - Ericsson 4
2. - Telefonica Black
3. - Telefonica Blue
4. - PUMA
5. - Green Dragon
6. - Ericsson 3
7. - Delta Lloyd

(Vorläufige Ergebnisse)

Die großartigen Fotos hat Rick Tomlinson/Volvo Ocean Race eingefangen.

Heineken Cape to Bahia Yacht Race - Gun!

Heute um 14:00 Ortszeit (13:00 bei uns) startet in Kapstadt die IRC-Racer-Flotte zum Heineken Cape to Bahia Yacht Race.

Ganz vorne werden sich ICAP LEOPARD (Mike Slade) und RAMBLER (George David) um den Sieg nach gesegelter Zeit prügeln. Die Daten zeigen, dass ICAP LEOPARD der theoretische Favorit für die "Line Honours" sein dürfte, währen RAMBLER auch (oder eher?) auf den Sieg nach gesegelter Zeit schielen dürfte, und damit die South Atlantic Trophy:

ICAP LEOPARD: 100 Fuß, 44 Tonnen, Canting Keel, IRC TCC 1.888
RAMBLER: 90 Fuß, 28 Tonnen, Wasserballast, IRC TCC 1.688

RAMBLER hat bei Leichtwind die besseren Karten und könnte dem 10 Fuß längeren Reichel/Pugh entwischen. Beim Rolex Fastnet Race 2007 rundeten beide nach über 300 Meilen fast gleichzeitig den Fastnet Rock und ICAP LEOPARD war im Ziel nur 45 Minuten vor RAMBLER. Das wird auf alle Fälle spannend.

Felix Scheder-Bieschin und Patrick Holloway mit VINETA werden es ebenfalls auf den 1. Platz nach gesegelter Zeit (IRC) abgesehen haben.

Freitag, 9. Januar 2009

BELUGA RACER - Boris und Felix siegessicher auf Kurs Wellington

Statt Text wieder etwas fürs Auge und die Ohren. Der neue Podcast von Boris und Felix aus dem Southern Ocean, passend zum Video.



Mehr Infos auf www.beluga-racer.com.

Was zum Henker macht diese litauische Flagge vor dem Tafelberg?

Jetzt darf gegrübelt werden, der Bericht kommt demnächst.

Foto: Lobster One

Donnerstag, 8. Januar 2009

Heineken Cape to Bahia Yacht Race - scharrende Hufe

VINETA, ICAP LEOPARD, RAMBLER und die anderen IRC Racer bereiten sich auf den Start am 10. Januar vor, um direkt von Kapstadt nach Salvador/Brasilien zu segeln. Die Cruiser sind bereits unterwegs und kämpfen sich derzeit durch bleischwere Flaute zum Zwischenziel St. Helena. Im Gegensatz zu Napoleon dürfen (müssen?) sie nach 48 Stunden wieder los, um weiter nach Brasilien zu segeln.

Matthew Thomas, VINETAs Bootsmann, scharrt schon mit den Hufen, um mit der Vollkarbon-Marten 49 über die Südhälfte des großen Teiches zu segeln. Den anderen Crewmitgliedern wird es ähnlich gehen. Im Video begleitet VINETA den Start der Volvo Ocean Race-Flotte in Kapstadt, um danach noch etwas für das Cape to Bahia zu trainieren:




Hier gehts direkt zur Regattaseite.

Dienstag, 6. Januar 2009

BELUGA RACER - "Der größte Leebogen meines Lebens"

Boris sinniert über den Großkreis:

Januar 6, 2009

(von Boris) Mit Überqueren des 115. Längengrades haben wir vorgestern das zweite von drei Kaps der klassischen „Route der drei Kaps“, wie sie ja genannt wird, passiert, nämlich Kap Leeuwin. Mit Leeuwin ist es wie mit dem Kap der Guten Hoffnung und Kap Horn, es sind jeweils gar nicht die exponiertesten Außenposten, die südlichsten Zipfel, es sind viel mehr symbolische Orte, jedenfalls Kap Leeuwin. Außer den nach Perth abgelaufenen Vendée-Stars, Dominique Wavre, Mike Golding und Loic Peyron kommen die Teilnehmer von Weltregatten dem Kap Leeuwin wohl selten näher als wir jetzt gerade mit 700 NM. Unsere Route ist keinesfalls davon beeinflusst, viel mehr von unserem imaginären Kap, dem Gate, dass wir im Süden lassen müssen.

Denn, was man auf dem Race-Tracker unseres Portimao Races nicht sehen kann, ist, dass der direkte Weg von hier nach Wellington auf einem Großkreis, einem sanften Südbogen verläuft. Steuern wir immer geradewegs auf Wellington zu, ändert sich die Peilung mit jedem halben Tag um einige Grad. Unsere Peilung jetzt beläuft sich auf 105 Grad und damit südlicher als es die rote Linie auf dem Tracker suggeriert. Gleiches galt auch zwischen den Gates. Unser Südbogen dort ist tatsächlich die kürzeste Verbindung zwischen den Gates. Na gut ich muss zugeben, wir haben den Großkreis etwas nach Süden ausgedenhnt, weil dort wiederum mehr Wind war. Felix sagte: „Der größte Leebogen meines Lebens.“

Filipe ist einen etwas längeren Weg gesegelt und trotz größerem Speed nicht vor uns gekommen. Diese am Tracker nicht unmittelbar zu sehenden Relationen, diese optischen Irritationen ergeben sich aus der Mercator-Projektion der gekrümmten Erdoberfläche auf eine Ebene. Es gibt leider anscheinend keine elektronischen Seekarten, die die Großkreis-, bzw. gnomische Projektion darstellen können. Papierseekarten können das allerdings sehr wohl.
Wir haben unsere Halse gestern so platziert, dass wir auf dem neuen Backbord-Bug genau die Layline (Anliegelinie) zum Gate-Ost treffen, so dass wir, ohne noch einmal halsen zu müssen, zum Gate kommen. Das scheint geglückt zu sein. Während ich dies schreibe kontrolliere ich regelmäßig unsere Position mit dem Navigationsprogramm „Maxsea“, um nicht mit einem unbemerkten Winddreher versehentlich doch ins Gate zu laufen und dann den Zorn von Race Director Josh Hall fürchten zu müssen.

Wenn dieser Artikel online geht, sind wir wahrscheinlich gerade am Gate vorbei. Da der Wind genau in die Richtung weht, in die wir wollen, müssen wir vor dem Wind mit einem Halsenwinkel von 70 bis 80 Grad kreuzen. Den momentanen Schlag nach Süden setzen wir ab, da wir im Süden mit mehr Wind rechnen und außerdem mit einem Linksdreher. So segeln wir gewissermaßen wie bei einer Jollenregatta in den Dreher, wenn denn die Vorhersage stimmt.
Die nächsten Tage scheinen wettermäßig eher ruhig abzugehen. Sobald es ruhiger werden sollte, werden wir die Gelegenheit nutzen, um in den Mast zu steigen und einen Routinecheck zu unternehmen. Auf die ersten Sonnenstrahlen in einem nicht permanent von eisigem Wasser durchfluteten Cockpit warten wir sehnlichst, so dass wir dann eine Dusche unter freiem Himmel nehmen können, ohne zu sehr die harten Jungs spielen zu müssen. Zur Krönung erhitzen wir Seewasser in einem Kessel, schütten es in einen Eimer und übergießen uns dann mit dem warmen Wasser. Das ist die Dusche. Das Wasser warm zu machen, ist irgendwie naheliegend. Wenn ich nicht Uwe Röttgerings Buch gelesen hätte, wäre ich allerdings nicht selber auf die Idee gekommen, glaube ich.

Wir haben unterdessen ein paar Sorgen mit unserem Autopiloten. Ein essentielles Teil, der Ruderlagegeber, ohne den kein Autopilot funktioniert, macht uns mit einer unberechenbaren Unzuverlässigkeit zu schaffen. Wir werden das Teil in Wellington austauschen, es hat ja noch Garantie und werden bei der Gelegenheit gleich eine Redundanz einbauen. An dem Punkt haben wir ein kleines Detail bei der Vorbereitung übersehen. Von diesem 50 Gramm schweren Ersatzteil kann der Erfolg der Etappe abhängen. Ein Fehler des Piloten kann das Boot in einer Patenthalse ernsthaft in Gefahr bringen.

„Bestimmt hat noch nie jemand eine systematische Zuverlässigkeitsanalyse, wie beispielsweise bei einem Flugzeug, durchgeführt“ räsoniert Ingenieur Felix. Sollten wir jemals in eine Open60-Kampagne involviert sein, wäre dies jedenfalls ein naheliegendes Projekt.

Wie geht es jetzt weiter? Von Tasmanien werden wir wohl nichts zu sehen bekommen. Ein Hochkeil soll sich dort bilden. Doch wird uns unsere Route weit nach Süden, vielleicht sogar bis auf 50 S führen, bevor wir dann Richtung Neuseeland Kurs absetzen. Wir erwarten die Ankunft etwa für den 17. Januar.

Volvo Ocean Race - TEAM RUSSIA auf dem Weg nach Kapstadt

KOSATKA hat Singapur mit Ziel Kapstadt verlassen. Im erst verhaltenen und dann strömenden Regen drehte TEAM RUSSIA damit dem Hafen den Rücken zu, von dem aus am 18. Januar die nächste Etappe nach Qingdao gestartet wird. Die Hoffnung, dass TEAM RUSSIA weiter am Volvo Ocean Race teilnimmt, ist damit wohl auf frühestens Rio verschoben.

Skipper Andreas Hanakamp deutete an, dass es durchaus Interessenten für ein Sponsoring gegeben habe, aber niemand zu schnellen Entscheidungen zu bewegen war. Die Finanzkrise läßt grüßen, muss sie schließlich für so manches herhalten.

Abgesehen von freudigen Überraschungen werden wir also erst einmal beobachten, ob TEAM RUSSIA in Südamerika wieder zum Rennen dazustoßen kann.

Der Dank für das Foto geht an Rick Tomlinson/Volvo Ocean Race.

BELUGA RACER - Am Navitisch

Boris und Felix berichten:

Am Navitisch

5 Januar 2009

(von Boris) Wir stehen auf der Länge von Sri Lanka und etwa 370 SM nördlich der arktischen Konvergenz. Ich sitze auf einer gemütlichen Bank mit Rückenlehne vor meinem Schreibtisch. Es ist Dunkel, der Bildschirm ist gedimmt, warmes Licht einer 12 Volt Birne beleuchtet den Hintergrund. Einige Leuchtdioden von verschiedenen Schaltern und gedimmtes Licht verschiedener Anzeigen. Etwas Weihnachtsdeko pendelt und schwingt mit den Bewegungen des Bootes. In meinem 3 cl. Glas schaukelt 10 Jahre alter Single Malt Whiskey, noch der augenscheinlichste Indikator, dafür, dass sich alles bewegt. Ich höre nichts. Ich lasse mich vom Sounderlebnis meiner Kopfhörer berauschen. Noise Cancelling, viele Herz Impedanz, satter Sound, Musik als Lebenselixier in einer Wüste. Eine leere Wüste unendlich voll von möglichen Emotionen. Man muss sich warm anziehen, die Schotten entriegeln, an Deck treten. Es ist so sehr Alltag für uns, dass wir mit 15 Knoten unter einem glitzernden Sternenhimmel dahinsurfen. Ich muss mich kneifen, um noch was zu merken. Man kann das nicht 18 Stunden am Tag mit großen Augen und offenem Mund bestaunen. Irgendwann sitze ich wieder vor meinem Laptop mit dem Sounderlebnis, schalte ab, tanke Energie und finde den Ausgleich, der das Leben auf so einer langen Etappe so lebenswert macht, trotzdem wir nur zu zweit und nur auf wenigen Quadratmetern zusammen hausen.

Dennoch, die Energie der Umwelt überträgt sich permanent auf mich. Die Spannung, die Intensität. Man lebt wie eine Wildkatze, immer auf der Lauer, bereit aufzuspringen. Das ist unser eigentlicher Job beim Zweihandsegeln. Nicht permanent an Deck zu hocken und in die Segel zu glotzen, zu steuern oder wie beschränkt zu winschen. Wir können alles vergessen, schlafen, lesen, träumen, an Texten arbeiten, Notizen sortieren, Bilder verwalten, die Seele baumeln lassen, ja solange wir nur in jedem Moment bereit sind, beim kleinsten Zeichen wie ein Blitz an Deck zu stehen. Solange wir permanent unterbewusst segeln, das Boot fühlen, den Kurs im Augenwinkel im Blick haben. So gewinnen wir unsere Meilen. So haben wir die letzte Etappe gewonnen.

Wir laufen einen Kurs über Grund von 113 Grad bei einem wahren Windwinkel von 130 Grad und Windspeed von 23 bis 25 Knoten. Wir surfen permanent. Die Geschwindigkeit variiert je nachdem, ob wir die Wellen hoch- oder runterfahren zwischen 12 und 18 Knoten. Unter der aktuellen Besegelung und mit allem Gewicht maximal achtern in Luv ein perfektes Gleichgewicht. Das Stauen hat uns heute Mittag nach der letzten Halse 30 Minuten in Anspruch genommen.

Für den Jollensegler ist dieses Raumschotsgleichgewicht bei einem gleitenden Boot alles. Das Gleichgewicht ergibt sich bei einem bestimmten Windwinkel. Etwas spitzer zum Wind und der Druck übersteigt das aufrichtende Moment, das Boot krängt und schmiert ab. Etwas zu stumpf, zu tief sagen wir auch, und der Vorschoter wird durchs Wasser geschlurft, weil der Winddruck zu gering geworden ist. So ist es auch bei unserer breiten Gleitflunder, die wie eine Jolle segelt. Werden wir von einer Welle ein paar Grad aus dem Kurs geworfen, geht meine Aufmerksamkeit von den Pianotunes und dem Laptopscreen 19 cm nach links auf die Brooks and Gatehouse GFD Anzeige und den Windwinkel. Die Hand fährt reflexhaft zum Ohr und hebt die Kopfhörermuschel etwas. Ich lausche, ob das Schlürfgeräusch am Leeruder etwa 5 Meter hinter mir unter den Rohrkojen hervorklingt. Dann war der hydrodynamische Druck zu groß, die Oberflächenspannung des Wassers hat nachgegeben. Luft wird ans Ruderblatt gesaugt und das Ruder fängt an zu flattern, zu schlürfen. Das Boot dreht in den Wind, ich springe auf, stoße das Niedergangsschott, das einen Meter hinter mir ist auf und bin in weniger als 1 Sekunde an der Code 5 Schot. Erst wenn ich alle Schoten aufgeworfen habe, dreht sich das Schiff wieder auf Kurs. Ich gehe nach unten, es ist nichts passiert. Das ist nicht schlimm. Es ist normal. Nachher heute Nacht, wenn das Tief näher kommt, wird das extremer. Dann kommt bei so einem Sonnenschuss so viel Wasser über Deck, das ich nicht wie jetzt mit meiner Midlayerkleidung ungestraft zur Winsch kommen würde. Ab 30 Knoten wollen wir keinen Sonnenschuss mehr. Dann steigt der Adrenalinspiegel noch etwas. Das Schiff ist dann zum Teil schneller als die Wellen und schlägt auch raumschots so über die Wellen, wie sonst nur am Wind. Wenn wir jetzt querschlagen denkt man sich, geht etwas zu Bruch, wenn auch erstmal nur ein Nervenbündel in meinem Hinterkopf.

Jetzt ist es noch nicht so weit. Es sind genau diese genialen Bedingungen, wo noch keine besondere Bruchgefahr herrscht man aber unterbewusst Bewegungen des Schiffes in sich aufnimmt, die einen dynamisieren und energetisieren, sei es, ob man schläft, isst oder am Rechner sitzt.

Der dreidimensionale Gyrosensor in meinem Hirn nimmt alle Beschleunigungen wahr und mein Nervensystem segelt aktiv jeden Meter mit. Ich hab mal gelesen, dass Schaukelstühle und Neigebewegungen bis zu 2,5 Grad das Gehirn stimulieren. Denken sie an den grinsenden Opa auf der Terrasse. Auf dieser Bank zu sitzen, zwischendurch auf die Zahlen zu schauen und mit dem Körper die Beschleunigungen nach vorne und hinten beim Abbremsen und Beschleunigen in den Wellen abzufangen ist berauschend. Ich stehe sowieso immer unter Strom. Warte mal mein Whiskey ist alle, die 3 Cl meine ich.

Wir entladen gerade bei 4-8 Ampere je nach Ruderlage unsere Batterien. Noch 21 AH Kapazität und eine Spannung von 11,9 Volt. Das Barometer und die Temperatur fallen stetig. Unser VMG, der Geschwindigkeitsvektor zum nächsten Wegepunkt liegt bei 14,4 Knoten. Unsere Polarrate liegt bei 104,3 %, weil wir gerade etwas pushen – eigentlich wäre langsam ein Reff im Großsegel fällig. Ich habe links auch auf einer Anzeige die wahre Windrichtung und Windgeschwindigkeit der letzten drei Stunden in einem Zeitdiagramm auf einem der Brooks and Gatehouse GFD Displays – angenehm gedimmt, gut zu lesen und beruhigend stetig. Geniale Segelbedingungen hier. Lauter „Numbers“ die man als Segler mit seinem inneren Auge abwägt und die für Kurzweil sorgen. Keinen der Werte darf man aus den Augen verlieren. Würden wir es verpassen, rechtzeitig zu laden, könnte der Pilot ausfallen, das Schiff ungewollt halsen und eine Katastrophe entstehen. Den Stromverbrauch beobachten wir auch oft, da wir mit dem Diesel haushalten müssen.

Es sind aber alles positive Zahlen. Die Energie der Natur, die uns vorantreibt, da wir ein modernes, leistungsfähiges Boot haben, stets in die richtige Richtung und zu erfreulichem Speed. Es sind der Natur nach solide, echte, verlässliche Messdaten aus der ganz reellen Wirklichkeit da draußen in der dunklen Nacht 2 Meter über unserem Masttopp an einem 2 Meter langen Kohlefaserarm auf 0,05 Grad genau gemessen.
Ein Finanz-Broker mag auch Kurzweil bar der Zahlenfülle auf seinen Screens am Handelsplatz empfinden, ihr im Office habt die Mails die ständig reinflattern. Doch das ist alles offensiv. Dinge, auf die man nicht nur beobachtend schauen kann, auf die ihr reagieren müsst.

Ich kann mich hier einfach zurücklegen und sehen, wie gut es läuft. Doch da, ein Peak, der TWS-Wert geht auf 28 Knoten, das Schiff dreht sich auf Heading 95 Grad hoch, der TWA geht runter auf 90. Der Code schlägt vorne dumpf auf dem Vorschiff. Ein Sonnenschuss. Ich bleibe diesmal ruhig sitzen. Er ist nicht so extrem. Der Pilot ist auf „Performance 3“, Recovery Mode „Narrow“, Automatic Response „Sport“ eingestellt. Ich sehe hier am GFD Display den Ruderlagegeber, der Pilot legt radikal Ruder. Nach wenigen Sekunden surfen wir schon die nächste Welle ab, ein Peak, der Speed geht auf 20,05 Knoten. Ich bin sicher, würde ich jetzt aufhören zu schrieben, den Kopfhörer absetzen und rausgehen, ich würde Angst bekommen und den Kopf einziehen. Wozu auch? Ich kann von hier sehen, dass alles im grünen Bereich ist. Ich schätze in einer Stunde ist ein Reff im Groß fällig. Doch alles zu seiner Zeit. Erstmal kann ich noch diesen intensiven Moment des Komforts des schnellen Segelns vor dem Tief, die Musik und meinen kleine Whiskey genießen.

Mark Whiley, ein faszinierender Elektronikspezialist ist mit uns in Portimão rausgesegelt und hat uns die Fortgeschrittenen-Einstellung unseres Brooks und Gatehouse Piloten erklärt. Die Settings die wir jetzt eingestellt haben nennt er „fuck the power-settings“. Man sieht es am Amperemeter, dass auf den Wellenkämmen auf 9 Amps ausschlägt. Dafür braucht man bei 12 Volt schon ein fettes Kabel. Er kann seinen Laptop an die große schwarze Box des Piloten, in die alle Kabel laufen, anschließen und noch etwas mehr herauskitzeln. Wir nennen diese Box im Jargon „Intelligence“ sowohl auf Französisch, wie auch auf Englisch. Mist – nun doch ein richtiger Whipeout. Ich springe raus, fiere etwas die Schoten. Ich geh noch mal runter, schalte das Deckslicht ein. Ein starker Strahler im Mast, der auf das Deck leuchtet. Spray fliegt jetzt durch das unwirkliche Bild. Diese Szenerie erinnert mich irgendwie immer unwillkürlich an Kriegsfilme. Es ist ein Blindflug. Raue Kräfte sind am Werk. Man steht in aller Anspannung dort, bereit die Schot zu fieren. Das Schiff ist unter Dampf – „powered up“. Etwas, was dem normalen Seglerinstinkt zuwiderläuft. Aber so geht das. Man geht wieder unter Deck. Die Kiste will etwas getreten werden. Die 5 Tonnen müssen ja irgendwie da durch, durch diese Dünenlandschaft. Das wird ab 28 Knoten unweigerlich zum Spektakel. Fragen sie mal einen Volvo- oder Vendee Segler. Dagegen ist das hier eher ein Kindergeburtstag. Je mehr Power ein Schiff hat, mit seinem Schwenkkiel usw., desto militärischer wird diese Nachtszene mit dem Deckstrahler. Im normalen Ernstfall hat der Spray über Deck so eine Wucht, dass man sich als Anfänger nicht mal halten kann.

Nee nee, ich fantasiere. Hier bei uns ist alles ganz kommod. Wir heizen einfach etwas. Alles menschlich, beherrschbar, einfach genial. Ohne Angst. Ohne Millionenbudgets, die bei jedem zweiten Wellenkamm auf der Kippe stehen. Dafür sind wir auch nur zwei kleine Lichter in der Szene. Zwei Newcomer auf einem Fourty. Gut so. Zurück zu meinem Schreibtisch.

Mehr wie immer auf www.beluga-racer.com.
Die Fotos haben Boris und Felix aufgenommen, wer auch sonst?

Freitag, 2. Januar 2009

BELUGA RACER - Neujahr auf der großen Welle, Boris über Nico Budel und Bergfest

Boris und Felix berichten vom Jahreswechsel in den Roaring Forties:

Logbuch am Neujahrstag
Januar 1, 2009 
Der Southern Ocean begrüßt uns mit Sonnenschein und genialen Segelbedingungen im neuen Jahr: kleiner Spi und 1 Reff im Groß. Heute ist nicht nur Neujahr, sondern auch Halbzeit der Etappe. So dürfen wir ein spezielles Halbzeitgeschenk von Meike öffnen - 1A Schokolade. Alles in bester Ordnung mit uns und dem Boot und mit der Platzierung: 70 NM Vorsprung ist Rekord für dieses bisher enge Race.
Wir stehen heute 230 NM nordwestlich der Position, an der Vincent Riou auf PRB am 15. Dezember mit einem Growler kollidiert ist. Die See wird nicht nur von Growlern vermient, sondern auch von Ex-Vendée Schiffen. Der Open60 “Generali” driftet in der Nähe des nächsten Gate. Im Traum entern wir sie und nehmen sie in Besitz.
Der Tag heute ließ uns Luft ein neues Video zu drehen: viel Spaß damit!
Viele Grüße! Frohes Neues!



Surfen ohne Schampus
Dezember 31, 2008 
Kein Sekt, kein Champagner, sondern mit zwei Hefeweizen werden wir heute um 18 Uhr UTC (19 Uhr deutsche Zeit) aufs neue Jahr anstoßen. Auch wenn die Vorräte geistiger Getränke stark limitiert sind, brauchen wir uns ums Schaukeln und Schwanken keine Sorgen machen. Denn der starke Wind der letzten Tage hinterlässt eine aufgewühlte See. An Bleigießen und Raclette oder Fondue verschwenden wir keinen Gedanken. Schon eher fragen wir uns, welche unsere Raketen wir heute Abend denn “testen” wollen, während wir mit einer ganz besonders schönen Welle ins Jahr 2009 surfen. Wenn Ihr in Deutschland das neue Jahr begrüßt, werden wir schon die ersten Sonnenstrahlen des Jahres genießen.
Wir wünschen Euch allen, die Ihr unser Rennen verfolgt und uns unterstützt, sowie allen anderen Teams und der Rennleitung ein wunderbares Neues Jahr.
Boris und Felix




Mehr Berichte, Videos und News zu Nico Budels Rettung und dem Verlust der HAYAI auf www.beluga-racer.com.

WOT NOW? - wie man aus einer TP52 einen Offshore-Racer macht

Beim Rolex Sydney Hobart Yacht Race waren die TP52 ganz weit vorne (Lobster One vom 29. Dezember: QUEST gewinnt über alles in IRC). Nun ist es kein großes Geheimnis, dass sich der TP52-Rennzirkus mittlerweile im Mittelmeer abspielt, und die Boote dort für leichtere Winde und kurze Regatten ausgelegt sind. Alles keine Voraussetzungen für einen Untersatz, mit dem man durch die Bass Strait prügeln und am Ende lebendig in Hobart ankommen will.

Die TP52 sind unbestreitbar schöne und schnelle Schiffe, aber sie haben Konstruktionsaspekte, die sie nicht zu schnellen Hochseeyachten machen. Wer es zum ersten Mal hört, macht große Augen, wer es schon wußte, lächelt wenig ermunternd: die Boote haben Innenballast, eigentlich ein absolutes Don't für moderne Rennyachten. Und wo kommt das her? Die Box Rule bedient sich der Stabilitätsfeatures von IMS, und wo Stabilität nicht als sicherheits- und geschwindigkeitsbringender Vorteil gewertet wird, wird sie künstlich gesenkt. Das bringt alles andere als den Bass-Strait-Faktor.

Die Lösung: die TP52-Klassenvereinigung gibt die IMS-Anlehnung für ihre Box-Rule ab 2009 auf. Hier die Streichungen aus der Regel.

Wer nun trotzdem eine TP52 auf die hohe See ausführen möchte, muss sie erst einmal zu einem sicheren Seeschiff umbauen: Hakes Marine hatte die Judel/Vrolijk-Konstruktion 2007 als GLORY für das Mittelmeer gebaut und der neue Eigner Graeme Wood bat nun sowohl das Designteam, als auch die Werft, dass Boot zu optimieren. Die Berechnungen von Judel/Vrolijk ergaben, dass man 600 kg mehr in die Kielbombe stecken konnte, wenn man die 350 kg Innenballast entfernt und die Last auf den Mast soweit erhöht, wie zumutbar. Für große Asyms und Code Zeros wurde ein zwei Meter langer fester Bugspriet integriert und der Bug entsprechend verstärkt. Ein wasserdichtes Kollisionsschott und Ringspanten wurden vor dem Mast eingebaut, und sehr viel Zeit und ein kleineres, stärkeres Vorluk in das Abdichten einer Konstruktion investiert, die eigentlich für paradiesische Gefilde gedacht war.

Das Ergebnis: ein heißer, spaßgeladener Ritt für Eigner und Crew, zehnter im Hafen nach gesegelter Zeit, ein Dritter Podiumsplatz in IRC 1 und in IRC gesamt. WOT NOW?

Den Originalbericht veröffentlichte Jim Bolland in seinem Newsletter "A Brush with Sail". Jim betreibt daneben die Website www.auldmug.com.

Das Foto von WOT NOW? beim Start zum Rolex Sydney Hobart Yacht Race 2008 stammt von Rolex/Carlo Borlenghi, die Luftaufnahme von Rolex/Daniel Forster.

P.S. Frohes neues Jahr!