Freitag, 9. Januar 2009

Was zum Henker macht diese litauische Flagge vor dem Tafelberg?

Jetzt darf gegrübelt werden, der Bericht kommt demnächst.

Foto: Lobster One

Donnerstag, 8. Januar 2009

Heineken Cape to Bahia Yacht Race - scharrende Hufe

VINETA, ICAP LEOPARD, RAMBLER und die anderen IRC Racer bereiten sich auf den Start am 10. Januar vor, um direkt von Kapstadt nach Salvador/Brasilien zu segeln. Die Cruiser sind bereits unterwegs und kämpfen sich derzeit durch bleischwere Flaute zum Zwischenziel St. Helena. Im Gegensatz zu Napoleon dürfen (müssen?) sie nach 48 Stunden wieder los, um weiter nach Brasilien zu segeln.

Matthew Thomas, VINETAs Bootsmann, scharrt schon mit den Hufen, um mit der Vollkarbon-Marten 49 über die Südhälfte des großen Teiches zu segeln. Den anderen Crewmitgliedern wird es ähnlich gehen. Im Video begleitet VINETA den Start der Volvo Ocean Race-Flotte in Kapstadt, um danach noch etwas für das Cape to Bahia zu trainieren:




Hier gehts direkt zur Regattaseite.

Dienstag, 6. Januar 2009

BELUGA RACER - "Der größte Leebogen meines Lebens"

Boris sinniert über den Großkreis:

Januar 6, 2009

(von Boris) Mit Überqueren des 115. Längengrades haben wir vorgestern das zweite von drei Kaps der klassischen „Route der drei Kaps“, wie sie ja genannt wird, passiert, nämlich Kap Leeuwin. Mit Leeuwin ist es wie mit dem Kap der Guten Hoffnung und Kap Horn, es sind jeweils gar nicht die exponiertesten Außenposten, die südlichsten Zipfel, es sind viel mehr symbolische Orte, jedenfalls Kap Leeuwin. Außer den nach Perth abgelaufenen Vendée-Stars, Dominique Wavre, Mike Golding und Loic Peyron kommen die Teilnehmer von Weltregatten dem Kap Leeuwin wohl selten näher als wir jetzt gerade mit 700 NM. Unsere Route ist keinesfalls davon beeinflusst, viel mehr von unserem imaginären Kap, dem Gate, dass wir im Süden lassen müssen.

Denn, was man auf dem Race-Tracker unseres Portimao Races nicht sehen kann, ist, dass der direkte Weg von hier nach Wellington auf einem Großkreis, einem sanften Südbogen verläuft. Steuern wir immer geradewegs auf Wellington zu, ändert sich die Peilung mit jedem halben Tag um einige Grad. Unsere Peilung jetzt beläuft sich auf 105 Grad und damit südlicher als es die rote Linie auf dem Tracker suggeriert. Gleiches galt auch zwischen den Gates. Unser Südbogen dort ist tatsächlich die kürzeste Verbindung zwischen den Gates. Na gut ich muss zugeben, wir haben den Großkreis etwas nach Süden ausgedenhnt, weil dort wiederum mehr Wind war. Felix sagte: „Der größte Leebogen meines Lebens.“

Filipe ist einen etwas längeren Weg gesegelt und trotz größerem Speed nicht vor uns gekommen. Diese am Tracker nicht unmittelbar zu sehenden Relationen, diese optischen Irritationen ergeben sich aus der Mercator-Projektion der gekrümmten Erdoberfläche auf eine Ebene. Es gibt leider anscheinend keine elektronischen Seekarten, die die Großkreis-, bzw. gnomische Projektion darstellen können. Papierseekarten können das allerdings sehr wohl.
Wir haben unsere Halse gestern so platziert, dass wir auf dem neuen Backbord-Bug genau die Layline (Anliegelinie) zum Gate-Ost treffen, so dass wir, ohne noch einmal halsen zu müssen, zum Gate kommen. Das scheint geglückt zu sein. Während ich dies schreibe kontrolliere ich regelmäßig unsere Position mit dem Navigationsprogramm „Maxsea“, um nicht mit einem unbemerkten Winddreher versehentlich doch ins Gate zu laufen und dann den Zorn von Race Director Josh Hall fürchten zu müssen.

Wenn dieser Artikel online geht, sind wir wahrscheinlich gerade am Gate vorbei. Da der Wind genau in die Richtung weht, in die wir wollen, müssen wir vor dem Wind mit einem Halsenwinkel von 70 bis 80 Grad kreuzen. Den momentanen Schlag nach Süden setzen wir ab, da wir im Süden mit mehr Wind rechnen und außerdem mit einem Linksdreher. So segeln wir gewissermaßen wie bei einer Jollenregatta in den Dreher, wenn denn die Vorhersage stimmt.
Die nächsten Tage scheinen wettermäßig eher ruhig abzugehen. Sobald es ruhiger werden sollte, werden wir die Gelegenheit nutzen, um in den Mast zu steigen und einen Routinecheck zu unternehmen. Auf die ersten Sonnenstrahlen in einem nicht permanent von eisigem Wasser durchfluteten Cockpit warten wir sehnlichst, so dass wir dann eine Dusche unter freiem Himmel nehmen können, ohne zu sehr die harten Jungs spielen zu müssen. Zur Krönung erhitzen wir Seewasser in einem Kessel, schütten es in einen Eimer und übergießen uns dann mit dem warmen Wasser. Das ist die Dusche. Das Wasser warm zu machen, ist irgendwie naheliegend. Wenn ich nicht Uwe Röttgerings Buch gelesen hätte, wäre ich allerdings nicht selber auf die Idee gekommen, glaube ich.

Wir haben unterdessen ein paar Sorgen mit unserem Autopiloten. Ein essentielles Teil, der Ruderlagegeber, ohne den kein Autopilot funktioniert, macht uns mit einer unberechenbaren Unzuverlässigkeit zu schaffen. Wir werden das Teil in Wellington austauschen, es hat ja noch Garantie und werden bei der Gelegenheit gleich eine Redundanz einbauen. An dem Punkt haben wir ein kleines Detail bei der Vorbereitung übersehen. Von diesem 50 Gramm schweren Ersatzteil kann der Erfolg der Etappe abhängen. Ein Fehler des Piloten kann das Boot in einer Patenthalse ernsthaft in Gefahr bringen.

„Bestimmt hat noch nie jemand eine systematische Zuverlässigkeitsanalyse, wie beispielsweise bei einem Flugzeug, durchgeführt“ räsoniert Ingenieur Felix. Sollten wir jemals in eine Open60-Kampagne involviert sein, wäre dies jedenfalls ein naheliegendes Projekt.

Wie geht es jetzt weiter? Von Tasmanien werden wir wohl nichts zu sehen bekommen. Ein Hochkeil soll sich dort bilden. Doch wird uns unsere Route weit nach Süden, vielleicht sogar bis auf 50 S führen, bevor wir dann Richtung Neuseeland Kurs absetzen. Wir erwarten die Ankunft etwa für den 17. Januar.

Volvo Ocean Race - TEAM RUSSIA auf dem Weg nach Kapstadt

KOSATKA hat Singapur mit Ziel Kapstadt verlassen. Im erst verhaltenen und dann strömenden Regen drehte TEAM RUSSIA damit dem Hafen den Rücken zu, von dem aus am 18. Januar die nächste Etappe nach Qingdao gestartet wird. Die Hoffnung, dass TEAM RUSSIA weiter am Volvo Ocean Race teilnimmt, ist damit wohl auf frühestens Rio verschoben.

Skipper Andreas Hanakamp deutete an, dass es durchaus Interessenten für ein Sponsoring gegeben habe, aber niemand zu schnellen Entscheidungen zu bewegen war. Die Finanzkrise läßt grüßen, muss sie schließlich für so manches herhalten.

Abgesehen von freudigen Überraschungen werden wir also erst einmal beobachten, ob TEAM RUSSIA in Südamerika wieder zum Rennen dazustoßen kann.

Der Dank für das Foto geht an Rick Tomlinson/Volvo Ocean Race.

BELUGA RACER - Am Navitisch

Boris und Felix berichten:

Am Navitisch

5 Januar 2009

(von Boris) Wir stehen auf der Länge von Sri Lanka und etwa 370 SM nördlich der arktischen Konvergenz. Ich sitze auf einer gemütlichen Bank mit Rückenlehne vor meinem Schreibtisch. Es ist Dunkel, der Bildschirm ist gedimmt, warmes Licht einer 12 Volt Birne beleuchtet den Hintergrund. Einige Leuchtdioden von verschiedenen Schaltern und gedimmtes Licht verschiedener Anzeigen. Etwas Weihnachtsdeko pendelt und schwingt mit den Bewegungen des Bootes. In meinem 3 cl. Glas schaukelt 10 Jahre alter Single Malt Whiskey, noch der augenscheinlichste Indikator, dafür, dass sich alles bewegt. Ich höre nichts. Ich lasse mich vom Sounderlebnis meiner Kopfhörer berauschen. Noise Cancelling, viele Herz Impedanz, satter Sound, Musik als Lebenselixier in einer Wüste. Eine leere Wüste unendlich voll von möglichen Emotionen. Man muss sich warm anziehen, die Schotten entriegeln, an Deck treten. Es ist so sehr Alltag für uns, dass wir mit 15 Knoten unter einem glitzernden Sternenhimmel dahinsurfen. Ich muss mich kneifen, um noch was zu merken. Man kann das nicht 18 Stunden am Tag mit großen Augen und offenem Mund bestaunen. Irgendwann sitze ich wieder vor meinem Laptop mit dem Sounderlebnis, schalte ab, tanke Energie und finde den Ausgleich, der das Leben auf so einer langen Etappe so lebenswert macht, trotzdem wir nur zu zweit und nur auf wenigen Quadratmetern zusammen hausen.

Dennoch, die Energie der Umwelt überträgt sich permanent auf mich. Die Spannung, die Intensität. Man lebt wie eine Wildkatze, immer auf der Lauer, bereit aufzuspringen. Das ist unser eigentlicher Job beim Zweihandsegeln. Nicht permanent an Deck zu hocken und in die Segel zu glotzen, zu steuern oder wie beschränkt zu winschen. Wir können alles vergessen, schlafen, lesen, träumen, an Texten arbeiten, Notizen sortieren, Bilder verwalten, die Seele baumeln lassen, ja solange wir nur in jedem Moment bereit sind, beim kleinsten Zeichen wie ein Blitz an Deck zu stehen. Solange wir permanent unterbewusst segeln, das Boot fühlen, den Kurs im Augenwinkel im Blick haben. So gewinnen wir unsere Meilen. So haben wir die letzte Etappe gewonnen.

Wir laufen einen Kurs über Grund von 113 Grad bei einem wahren Windwinkel von 130 Grad und Windspeed von 23 bis 25 Knoten. Wir surfen permanent. Die Geschwindigkeit variiert je nachdem, ob wir die Wellen hoch- oder runterfahren zwischen 12 und 18 Knoten. Unter der aktuellen Besegelung und mit allem Gewicht maximal achtern in Luv ein perfektes Gleichgewicht. Das Stauen hat uns heute Mittag nach der letzten Halse 30 Minuten in Anspruch genommen.

Für den Jollensegler ist dieses Raumschotsgleichgewicht bei einem gleitenden Boot alles. Das Gleichgewicht ergibt sich bei einem bestimmten Windwinkel. Etwas spitzer zum Wind und der Druck übersteigt das aufrichtende Moment, das Boot krängt und schmiert ab. Etwas zu stumpf, zu tief sagen wir auch, und der Vorschoter wird durchs Wasser geschlurft, weil der Winddruck zu gering geworden ist. So ist es auch bei unserer breiten Gleitflunder, die wie eine Jolle segelt. Werden wir von einer Welle ein paar Grad aus dem Kurs geworfen, geht meine Aufmerksamkeit von den Pianotunes und dem Laptopscreen 19 cm nach links auf die Brooks and Gatehouse GFD Anzeige und den Windwinkel. Die Hand fährt reflexhaft zum Ohr und hebt die Kopfhörermuschel etwas. Ich lausche, ob das Schlürfgeräusch am Leeruder etwa 5 Meter hinter mir unter den Rohrkojen hervorklingt. Dann war der hydrodynamische Druck zu groß, die Oberflächenspannung des Wassers hat nachgegeben. Luft wird ans Ruderblatt gesaugt und das Ruder fängt an zu flattern, zu schlürfen. Das Boot dreht in den Wind, ich springe auf, stoße das Niedergangsschott, das einen Meter hinter mir ist auf und bin in weniger als 1 Sekunde an der Code 5 Schot. Erst wenn ich alle Schoten aufgeworfen habe, dreht sich das Schiff wieder auf Kurs. Ich gehe nach unten, es ist nichts passiert. Das ist nicht schlimm. Es ist normal. Nachher heute Nacht, wenn das Tief näher kommt, wird das extremer. Dann kommt bei so einem Sonnenschuss so viel Wasser über Deck, das ich nicht wie jetzt mit meiner Midlayerkleidung ungestraft zur Winsch kommen würde. Ab 30 Knoten wollen wir keinen Sonnenschuss mehr. Dann steigt der Adrenalinspiegel noch etwas. Das Schiff ist dann zum Teil schneller als die Wellen und schlägt auch raumschots so über die Wellen, wie sonst nur am Wind. Wenn wir jetzt querschlagen denkt man sich, geht etwas zu Bruch, wenn auch erstmal nur ein Nervenbündel in meinem Hinterkopf.

Jetzt ist es noch nicht so weit. Es sind genau diese genialen Bedingungen, wo noch keine besondere Bruchgefahr herrscht man aber unterbewusst Bewegungen des Schiffes in sich aufnimmt, die einen dynamisieren und energetisieren, sei es, ob man schläft, isst oder am Rechner sitzt.

Der dreidimensionale Gyrosensor in meinem Hirn nimmt alle Beschleunigungen wahr und mein Nervensystem segelt aktiv jeden Meter mit. Ich hab mal gelesen, dass Schaukelstühle und Neigebewegungen bis zu 2,5 Grad das Gehirn stimulieren. Denken sie an den grinsenden Opa auf der Terrasse. Auf dieser Bank zu sitzen, zwischendurch auf die Zahlen zu schauen und mit dem Körper die Beschleunigungen nach vorne und hinten beim Abbremsen und Beschleunigen in den Wellen abzufangen ist berauschend. Ich stehe sowieso immer unter Strom. Warte mal mein Whiskey ist alle, die 3 Cl meine ich.

Wir entladen gerade bei 4-8 Ampere je nach Ruderlage unsere Batterien. Noch 21 AH Kapazität und eine Spannung von 11,9 Volt. Das Barometer und die Temperatur fallen stetig. Unser VMG, der Geschwindigkeitsvektor zum nächsten Wegepunkt liegt bei 14,4 Knoten. Unsere Polarrate liegt bei 104,3 %, weil wir gerade etwas pushen – eigentlich wäre langsam ein Reff im Großsegel fällig. Ich habe links auch auf einer Anzeige die wahre Windrichtung und Windgeschwindigkeit der letzten drei Stunden in einem Zeitdiagramm auf einem der Brooks and Gatehouse GFD Displays – angenehm gedimmt, gut zu lesen und beruhigend stetig. Geniale Segelbedingungen hier. Lauter „Numbers“ die man als Segler mit seinem inneren Auge abwägt und die für Kurzweil sorgen. Keinen der Werte darf man aus den Augen verlieren. Würden wir es verpassen, rechtzeitig zu laden, könnte der Pilot ausfallen, das Schiff ungewollt halsen und eine Katastrophe entstehen. Den Stromverbrauch beobachten wir auch oft, da wir mit dem Diesel haushalten müssen.

Es sind aber alles positive Zahlen. Die Energie der Natur, die uns vorantreibt, da wir ein modernes, leistungsfähiges Boot haben, stets in die richtige Richtung und zu erfreulichem Speed. Es sind der Natur nach solide, echte, verlässliche Messdaten aus der ganz reellen Wirklichkeit da draußen in der dunklen Nacht 2 Meter über unserem Masttopp an einem 2 Meter langen Kohlefaserarm auf 0,05 Grad genau gemessen.
Ein Finanz-Broker mag auch Kurzweil bar der Zahlenfülle auf seinen Screens am Handelsplatz empfinden, ihr im Office habt die Mails die ständig reinflattern. Doch das ist alles offensiv. Dinge, auf die man nicht nur beobachtend schauen kann, auf die ihr reagieren müsst.

Ich kann mich hier einfach zurücklegen und sehen, wie gut es läuft. Doch da, ein Peak, der TWS-Wert geht auf 28 Knoten, das Schiff dreht sich auf Heading 95 Grad hoch, der TWA geht runter auf 90. Der Code schlägt vorne dumpf auf dem Vorschiff. Ein Sonnenschuss. Ich bleibe diesmal ruhig sitzen. Er ist nicht so extrem. Der Pilot ist auf „Performance 3“, Recovery Mode „Narrow“, Automatic Response „Sport“ eingestellt. Ich sehe hier am GFD Display den Ruderlagegeber, der Pilot legt radikal Ruder. Nach wenigen Sekunden surfen wir schon die nächste Welle ab, ein Peak, der Speed geht auf 20,05 Knoten. Ich bin sicher, würde ich jetzt aufhören zu schrieben, den Kopfhörer absetzen und rausgehen, ich würde Angst bekommen und den Kopf einziehen. Wozu auch? Ich kann von hier sehen, dass alles im grünen Bereich ist. Ich schätze in einer Stunde ist ein Reff im Groß fällig. Doch alles zu seiner Zeit. Erstmal kann ich noch diesen intensiven Moment des Komforts des schnellen Segelns vor dem Tief, die Musik und meinen kleine Whiskey genießen.

Mark Whiley, ein faszinierender Elektronikspezialist ist mit uns in Portimão rausgesegelt und hat uns die Fortgeschrittenen-Einstellung unseres Brooks und Gatehouse Piloten erklärt. Die Settings die wir jetzt eingestellt haben nennt er „fuck the power-settings“. Man sieht es am Amperemeter, dass auf den Wellenkämmen auf 9 Amps ausschlägt. Dafür braucht man bei 12 Volt schon ein fettes Kabel. Er kann seinen Laptop an die große schwarze Box des Piloten, in die alle Kabel laufen, anschließen und noch etwas mehr herauskitzeln. Wir nennen diese Box im Jargon „Intelligence“ sowohl auf Französisch, wie auch auf Englisch. Mist – nun doch ein richtiger Whipeout. Ich springe raus, fiere etwas die Schoten. Ich geh noch mal runter, schalte das Deckslicht ein. Ein starker Strahler im Mast, der auf das Deck leuchtet. Spray fliegt jetzt durch das unwirkliche Bild. Diese Szenerie erinnert mich irgendwie immer unwillkürlich an Kriegsfilme. Es ist ein Blindflug. Raue Kräfte sind am Werk. Man steht in aller Anspannung dort, bereit die Schot zu fieren. Das Schiff ist unter Dampf – „powered up“. Etwas, was dem normalen Seglerinstinkt zuwiderläuft. Aber so geht das. Man geht wieder unter Deck. Die Kiste will etwas getreten werden. Die 5 Tonnen müssen ja irgendwie da durch, durch diese Dünenlandschaft. Das wird ab 28 Knoten unweigerlich zum Spektakel. Fragen sie mal einen Volvo- oder Vendee Segler. Dagegen ist das hier eher ein Kindergeburtstag. Je mehr Power ein Schiff hat, mit seinem Schwenkkiel usw., desto militärischer wird diese Nachtszene mit dem Deckstrahler. Im normalen Ernstfall hat der Spray über Deck so eine Wucht, dass man sich als Anfänger nicht mal halten kann.

Nee nee, ich fantasiere. Hier bei uns ist alles ganz kommod. Wir heizen einfach etwas. Alles menschlich, beherrschbar, einfach genial. Ohne Angst. Ohne Millionenbudgets, die bei jedem zweiten Wellenkamm auf der Kippe stehen. Dafür sind wir auch nur zwei kleine Lichter in der Szene. Zwei Newcomer auf einem Fourty. Gut so. Zurück zu meinem Schreibtisch.

Mehr wie immer auf www.beluga-racer.com.
Die Fotos haben Boris und Felix aufgenommen, wer auch sonst?

Freitag, 2. Januar 2009

BELUGA RACER - Neujahr auf der großen Welle, Boris über Nico Budel und Bergfest

Boris und Felix berichten vom Jahreswechsel in den Roaring Forties:

Logbuch am Neujahrstag
Januar 1, 2009 
Der Southern Ocean begrüßt uns mit Sonnenschein und genialen Segelbedingungen im neuen Jahr: kleiner Spi und 1 Reff im Groß. Heute ist nicht nur Neujahr, sondern auch Halbzeit der Etappe. So dürfen wir ein spezielles Halbzeitgeschenk von Meike öffnen - 1A Schokolade. Alles in bester Ordnung mit uns und dem Boot und mit der Platzierung: 70 NM Vorsprung ist Rekord für dieses bisher enge Race.
Wir stehen heute 230 NM nordwestlich der Position, an der Vincent Riou auf PRB am 15. Dezember mit einem Growler kollidiert ist. Die See wird nicht nur von Growlern vermient, sondern auch von Ex-Vendée Schiffen. Der Open60 “Generali” driftet in der Nähe des nächsten Gate. Im Traum entern wir sie und nehmen sie in Besitz.
Der Tag heute ließ uns Luft ein neues Video zu drehen: viel Spaß damit!
Viele Grüße! Frohes Neues!



Surfen ohne Schampus
Dezember 31, 2008 
Kein Sekt, kein Champagner, sondern mit zwei Hefeweizen werden wir heute um 18 Uhr UTC (19 Uhr deutsche Zeit) aufs neue Jahr anstoßen. Auch wenn die Vorräte geistiger Getränke stark limitiert sind, brauchen wir uns ums Schaukeln und Schwanken keine Sorgen machen. Denn der starke Wind der letzten Tage hinterlässt eine aufgewühlte See. An Bleigießen und Raclette oder Fondue verschwenden wir keinen Gedanken. Schon eher fragen wir uns, welche unsere Raketen wir heute Abend denn “testen” wollen, während wir mit einer ganz besonders schönen Welle ins Jahr 2009 surfen. Wenn Ihr in Deutschland das neue Jahr begrüßt, werden wir schon die ersten Sonnenstrahlen des Jahres genießen.
Wir wünschen Euch allen, die Ihr unser Rennen verfolgt und uns unterstützt, sowie allen anderen Teams und der Rennleitung ein wunderbares Neues Jahr.
Boris und Felix




Mehr Berichte, Videos und News zu Nico Budels Rettung und dem Verlust der HAYAI auf www.beluga-racer.com.

WOT NOW? - wie man aus einer TP52 einen Offshore-Racer macht

Beim Rolex Sydney Hobart Yacht Race waren die TP52 ganz weit vorne (Lobster One vom 29. Dezember: QUEST gewinnt über alles in IRC). Nun ist es kein großes Geheimnis, dass sich der TP52-Rennzirkus mittlerweile im Mittelmeer abspielt, und die Boote dort für leichtere Winde und kurze Regatten ausgelegt sind. Alles keine Voraussetzungen für einen Untersatz, mit dem man durch die Bass Strait prügeln und am Ende lebendig in Hobart ankommen will.

Die TP52 sind unbestreitbar schöne und schnelle Schiffe, aber sie haben Konstruktionsaspekte, die sie nicht zu schnellen Hochseeyachten machen. Wer es zum ersten Mal hört, macht große Augen, wer es schon wußte, lächelt wenig ermunternd: die Boote haben Innenballast, eigentlich ein absolutes Don't für moderne Rennyachten. Und wo kommt das her? Die Box Rule bedient sich der Stabilitätsfeatures von IMS, und wo Stabilität nicht als sicherheits- und geschwindigkeitsbringender Vorteil gewertet wird, wird sie künstlich gesenkt. Das bringt alles andere als den Bass-Strait-Faktor.

Die Lösung: die TP52-Klassenvereinigung gibt die IMS-Anlehnung für ihre Box-Rule ab 2009 auf. Hier die Streichungen aus der Regel.

Wer nun trotzdem eine TP52 auf die hohe See ausführen möchte, muss sie erst einmal zu einem sicheren Seeschiff umbauen: Hakes Marine hatte die Judel/Vrolijk-Konstruktion 2007 als GLORY für das Mittelmeer gebaut und der neue Eigner Graeme Wood bat nun sowohl das Designteam, als auch die Werft, dass Boot zu optimieren. Die Berechnungen von Judel/Vrolijk ergaben, dass man 600 kg mehr in die Kielbombe stecken konnte, wenn man die 350 kg Innenballast entfernt und die Last auf den Mast soweit erhöht, wie zumutbar. Für große Asyms und Code Zeros wurde ein zwei Meter langer fester Bugspriet integriert und der Bug entsprechend verstärkt. Ein wasserdichtes Kollisionsschott und Ringspanten wurden vor dem Mast eingebaut, und sehr viel Zeit und ein kleineres, stärkeres Vorluk in das Abdichten einer Konstruktion investiert, die eigentlich für paradiesische Gefilde gedacht war.

Das Ergebnis: ein heißer, spaßgeladener Ritt für Eigner und Crew, zehnter im Hafen nach gesegelter Zeit, ein Dritter Podiumsplatz in IRC 1 und in IRC gesamt. WOT NOW?

Den Originalbericht veröffentlichte Jim Bolland in seinem Newsletter "A Brush with Sail". Jim betreibt daneben die Website www.auldmug.com.

Das Foto von WOT NOW? beim Start zum Rolex Sydney Hobart Yacht Race 2008 stammt von Rolex/Carlo Borlenghi, die Luftaufnahme von Rolex/Daniel Forster.

P.S. Frohes neues Jahr!