Montag, 22. November 2010

STICKY FINGERS - die erste Whitbread 30 wieder am Start

Beim Round Britain and Ireland Race 1994 wagte Designer Simon Rogers alles. Der von ihm gezeichnete und gebaute Prototyp der Whitbread 30, eine Whitbread 60 in Taschenformat, verschlang das meiste seines Geldes. Das Design musste Erfolg haben. So schwitzig ihm die Finger dabei wurden, alles auf eine Karte zu setzen, so nannte er auch das Boot: STICKY FINGERS. "STICKY" war mit 30 Fuß vielen zu klein, um bei einer solch rumpeligen Regatta überhaupt bestehen zu können, aber Simon holte aus dem kleinen Renner alles raus, seine Frau Reb fütterte während der Kampagne die Presse, und am Ende erstaunte der kleine Plastikbecher alle und wurde schnell eine kleine Berühmtheit und ein Vorreiter für die Überzeugung, das kleine und leichte Boote durchaus hochseetüchtig sein können.

Ein wirklicher Kracher wurde die Whitbread 30 zwar nicht, führte als Mount Gay 30 aber zu manchen Designs (eins davon fährt bei uns als INTERMEZZO), blieb eine Legende, und der Prototyp lebt bis heute. Simon Rogers verkaufte das Boot 1995 nach Amerika. John Williams segelte es zuerst, verkaufte es dann an Lee Pryor in Kalifornien. Vor 5 Jahren erwarb Craig Schweitzer es und holte es nach Südafrika in die Nähe von Johannesburg, auf den Vaal Dam, wo es als UTAX segelte. Seit kurzen ist Rob Samways ihr stolzer Eigner, transportierte sie auf dem Landweg nach Durban und unterzieht sie jetzt einem Refit, um sie wieder als Rogers Whitbread 30 mit dem Namen STICKY FINGERS in neuem alten Glanz erscheinen zu lassen.

Eine schöne Geschichte eines aussergewöhnlichen Bootes. STICKY wird ab jetzt auf dem Lobster-Radar sein.

Foto oben: Reb Rogers, unten: Rob Samways

Dienstag, 16. November 2010

RHEpro21 - Do-It-Yourself-Schlitten

21 Füße in Panzergrau, episch großes Cockpit, knallorangener Hubkiel mit Torpedo, Doppelruder, ein ausfahrbarer Rüssel für 42 qm Gennaker, und alles zusammen 500 kg schwer. Das klingt nach Spaß. Aber der Spaß fing für das Team vom Segelclub Rhe schon lange vorher an. Vom Design über den Bau bis zum Finish ist alles in Eigenarbeit enstanden, unter Leitung von Daniel Fritsch und Burkhard Rosenberg. Sogar die 230 kg Kielbombe wurde auf dem eigenen Grill gekocht und gegossen. Rechtzeitig zur hanseboot war das Boot fertig, und letzte Woche zum ersten Mal auf dem Wasser. Jetzt kann den Winter über optimiert werden, bevor es zur nächsten Saison richtig an den Start geht. Die Jagd nach heißen Rhepro-Surfbildern ist hiermit angeblasen.

Mehr Infos, einschließlich der Historie des Baus auf www.rhepro21.de

Foto: Lobster One

Freitag, 5. November 2010

Hempel Gosford - Lord Howe Island Race - FRANTIC wohlbehalten im Hafen

Das Hempel Gosford - Lord Howe Island Yacht Race 2010 (die 37te Auflage) ist ein besonderes Rennen. Von Gosford in New South Wales (Australien) geht es über 416 Meilen über offenes Wasser nach Lord Howe Island, einem tropisch anmutenden Eiland im Nichts, ohne Hafen, aber mit einer geschützen Ankerbucht und wohl unvergleichlicher Atmospäre. Die Teilnehmerzahl ist stark begrenzt, da ausserhalb der Bucht Hochseeverhältnisse herrschen. Wer auf die Starterliste kommt, segelt jedes Jahr mit, um nicht wieder herunterzufallen.

Was bei der 2010er Auflage Aufmerksamkeit erregte, war das vermeintliche Verschwinden des 11.9-Meter Sayer-Designs FRANTIC von Michael Martin (Lake Macquarie Yacht Club). Um das Ergebnis vorwegzunehmen: die Yacht is wohlbehalten im Heimathafen, allen geht es gut, und niemand war je in Not. Interessant und anschaulich ist, was geschah und wie damit umgegangen wurde.

Kurz nach dem Start fiel der Tracker der FRANTIC aus. In dem rauhen Wetter wurden die Batterien nass und streikten nach einger Zeit ebenfalls, und FRANTIC nahm mangels Saft auf der Funke nicht mehr an den festgelegten Roll-Calls teil. Die Anweisungen sahen vor, sich in einem solchen Fall mit weißer Leuchtmunition bemerkbar zu machen, was FRANTIC tat und von einem Regattateilnehmer gesichtet und an die Regattaleitung berichtet wurde.

Als FRANTIC nach einiegr Zeit weder auf Lord Howe Island, noch zurück im Hafen ankam, lief bei der Regattaorganisation die nächste Stufe des Notfallplans an. In Absprache mit der örtlichen Polizei und den Seesicherheitsbehörden wurde eine Cessna auf die Suche geschickt und sichtete die Yacht, wie sie sich zurück zum Festland kämpfte, wo die Crew samt Boot später müde und hungrig, aber glücklich ankam.

Bemerkenswert ist der professionelle Umgang der Regattleitung mit den Umständen, der hier als Testlauf für mögliche Notfälle dienen und man gut daraus lernen kann. Und der Skipper der FRANTIC wird sich wohl in Zukunft mit bordstromunabhängiger Kommunikation auseinandersetzen.

Quelle: Gosford Sailing Club
Das Foto von FRANTIC ist von Peter Campbell.

Donnerstag, 4. November 2010

ORC und RORC/UNCL wollen zusammenarbeiten - Formelkrieg ade?

Im Frühjahr noch als Aprilscherz getarnt, inzwischen greifbar: der erste Schritt zur Zusammenarbeit von RORC und ORC ist getan, und das (Fern-)Ziel sollte sein, dem Formelsalat ein Ende zu setzen. ORC, IRC, MfG und tschüss.

Die Wächter der Formeln IRC und ORCi/ORCc, also ORC und RORC/UNCL, haben sich zunächst entschieden, ihre Formeln in absehbarer Zeit gemeinsam zu verwalten. Die jeweiligen führenden Köpfe, ORC Vizepräsident Dr. Wolfgang Schäfer und RORC Commodore Andrew McIrvine, haben sich nach der ISAF-Jahreshauptversammlung in Pusan mit weiteren Köpfen beider Lager mehrfach getroffen und nun den ersten Schritt gewagt. Den Vorkämpfern des Endes des Formelschismas an dieser Stelle ein großer Dank für die Mühe und den Sprung über die eigenen Schatten. Hier kann Geschichte geschrieben werden.

Wie bekommt man zwei Parteien zu einer Einigung, von der jede die andere für die Verwalter einer minderbemittelten Vergütungsformel zu halten schien? Ist die Friedenstaube in den Köpfen gelandet? Sind sie kampfesmüde und harmoniebedürftig? Ist beiden Seiten klar geworden, dass die Segler mit dem Formelschisma nicht zufrieden sind und müde, sich von beiden Seiten erklären zu lassen, worin ihr Glück zu bestehen hat? Sah eine Partei ihre Felle wegschwimmen und rettet sich an die Seite der anderen? Oder hat die ISAF mal ordentlich auf den Tisch gehauen? Wohl müßig zu diskutieren und in der Stunde der Freude ist spitzfindiges Hinterfragen vielleicht auch unfair den Protagonisten gegenüber - denn was zählt, ist das Ergebnis, und das könnte eine einzige Offshore-Rating-Rule sein. Und die wollen wohl alle.

Später kann man fragen, was von welcher Formel übernommen werden soll. Bei diesem Prozess wird sich zeigen, wie sklavisch jeweils an den lang gehegten Werten festgehalten wird. Beide Seiten werden Überzeugungen aufgeben und den Wert der jeweils anderen Formel anerkennen müssen.

In Zukunft haben wir es also erst einmal mit einer neuen und einzigen Administration für unsere Vergütungsformel zu tun - alles wieder unter einem Dach. Und wie wird das Baby heißen? R-ORC-UNCL? "Rorcunkel"? Hört sich an wie Rapunzel. UNCL R-ORC hört sich an wie "Onkel Rorc", das wird nicht allen schmecken. "Joint Adminitration for the ISAF-acknowledged Rating Rules"? Das wäre eher EU-Kauderwelsch. Wir werden es früh genug erfahren.

Um der Interpretation die offiziellen Worte zur Kontrolle an die Seite zu stellen, hier die gemeinsame Pressemitteilung:

ORC and RORC working Together Towards A Common Goal for Offshore Racing
04 Nov 2010

The Royal Ocean Racing Club (RORC) and Union Nationale pour La Course au Large (UNCL), joint owners of the IRC rating rule, have been in discussion with the Offshore Racing Congress (ORC) about the possibility of creating a unified organisation to govern yacht ratings worldwide. This initiative to bring the world offshore rating systems together was endorsed by ISAF following its AGM in 2009 in Korea.

The intention is for RORC/UNCL and ORC to create a joint venture company which would run the existing rules, IRC and ORC and then in time, using the combined knowledge and resources, evolve new rating systems that combine the benefits of IRC and ORC to create fast, fun and seaworthy boats for unified competition all over the world.

Bruno Finzi, Chairman of ORC, working alongside Vice-Chairman Wolfgang Schaefer, are enthusiastic and confident about working with the RORC. “We appreciate the work and friendship with RORC and we believe it is finally time to get back to the IOR era and to the ORC founding spirit, when only one single rule was recognised as ‘the international’ rule in offshore sailing.”

Chris Little, Admiral of the RORC, working with Commodore Andrew McIrvine agree that it is time to bring the development of rating systems under one umbrella. “We have received strong support from a number of countries and potential owners to develop a rule that will allow us to recreate the international yacht racing circuit and we shall continue to work towards this goal.”